Wie gesund sind Auszubildende der Medizinischen Technologie (MT)-Berufe in Deutschland?
Wie gesund sind Auszubildende der Medizinischen Technologie (MT)-Berufe in Deutschland?

Wie gesund sind Auszubildende der Medizinischen Technologie (MT)-Berufe in Deutschland?

Poster | Raum: Flure im 2. OG

Referent:innen: Prof. Dr. Karin Kohlstedt-Eisenträger & Stefan Otto, HSD Hochschule Döpfer University of Applied Sciences

Ausbildungs- und Berufsabbrüche in Medizinischen Technologie (MT) Berufen verstärken den Fachkräftemangel. Eine deutschlandweite Befragung unter MT-Auszubildenden zeigte deren verheerenden Gesundheitszustand. Es wird dringend die Einführung und Umsetzung von Lehrinhalten zur Gesundheitsförderung in der MT-Ausbildung empfohlen.



Donnerstag, 26.09. | 14.00 - 15.30 Uhr | Posterbegehung: Praxisprojekte |

 

Wie gesund sind Auszubildende der Medizinischen Technologie (MT)-Berufe in Deutschland?

Eine bundesweite Querschnittserhebung zur Gesundheit und Ressourcen unter Medizinischen Technologen*innen in der Ausbildung

Referent:innen: Prof. Dr. Karin Kohlstedt-Eisenträger & Stefan Otto, HSD Hochschule Döpfer University of Applied Sciences
Email: k.kohlstedt@hs-doepfer.de


Einleitung

Die Anzahl an Auszubildende in Deutschland ist seit Jahren rückläufig und liegt zuletzt nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2022 auf einen neuen Tiefpunkt (Rudnicka, 2023). Zudem steigt die Zahl der Ausbildungs- und Berufsabbrüche, so dass sich ein Fachkräftemangel in vielen Bereichen abzeichnet, v.a. im Gesundheits- und Sozialbereich. Der Mehrbedarf an Medizinisch-technischen Assistent*innen (MTAs) wird bis 2030 auf circa 13.000 Vollzeitkräfte prognostiziert (Blum, 2019). Die seit Januar 2023 gesetzliche Reformierung von der/dem MTA zum Berufsbild der/des Medizinischen Technolog*in (MT) mit neuem Rahmenlehrplan bildet nunmehr Chance, Lerninhalte einzubetten, die auf die zukünftige Arbeitswelt besser vorbereiten und so dem Fachkräftemangel durch Reduzierung von Ausbildungs- und Berufsabbrüche vorbeugen. Hierbei scheint insbesondere die Einführung und Umsetzung von Lehrinhalten in Gesundheitsförderung essenziell, denn seit Jahren ist bekannt, dass Gesundheit und Gesundheitsverhalten von Jugendlichen sowie Auszubildenden ein problematisch schlechtes Ausmaß angenommen haben. Sie berichten häufig über körperliche und psychische Beschwerden, in vielen Fällen sind sie hohen Anforderungen mit erhöhtem Stress ausgesetzt (Betz et al., 2012; Betz et al. 2016; Zok et al., 2019; Michele et al., 2022). Auszubildende der Gesundheitsberufe bilden hier keine Ausnahme. Folgen sind chronische Krankheiten, reduzierte Leistungsfähigkeit und Überforderung. Dies beeinträchtigt eine erfolgreiche Ausbildung mit vorzeitigem Ausbildungsabbruch. Konsequenzen sind sinkende Absolventen*innen, die den Fachkräftemangel verschärfen.

Hintergrund und Zielsetzung

Förderung eines gesunden Lebensstils, Sensibilisierung für Gesundheitserhaltung sowie Zugang zu Ressourcen sind nötig für Aufbau und Erhaltung von Gesundheitskompetenzen, auch bei Auszubildenden. Pädagogen*innen haben hier einen wichtigen Bildungsauftrag. Auszubildende der MT Berufe bilden eine Berufsgruppe im Gesundheitswesen. Gutachten prognostizieren für kommende Jahre einen steigenden Bedarf an MT-Fachkräften, bei gleichzeitigem Rückgang von Absolventen*innen in der Berufsausbildung. Ursachen sind u.a. gesundheitliche Probleme, die bislang nicht näher untersucht wurden. Bislang wurden lediglich die häufigsten Gründe zum Ausbildungsabbruch in der MT Ausbildung erhoben, in der gesundheitliche Gründe ohne weitere Differenzierung als Ursache benannt wurden (Blum, 2019). Informationen über den Gesundheitszustand von MT Auszubildenden liegen nicht vor. Ziel der vorliegenden Studie ist es daher, die Einschätzung der MT Auszubildenden zu ihrer Gesundheit und Gesundheitsressourcen zu erfassen, daraus Bedarfe zu erfassen

Methoden

In der bundesweit durchgeführte Querschnittsanalyse wurden im vierwöchigen Zeitraum von Mitte Juni bis Mitte Juli 2023, mit Hilfe eines standardisierten Onlinefragebogens MT-Auszubildende zu Gesundheit und Gesundheitsressourcen befragt. Dabei setzte sich der verwendete Fragebogen ausfragen bekannter Messinstrumente zusammen. Neben den Soziodemografischen Daten wurden somatische Beschwerden abgefragt, der Gesundheitswert (G-Score) erfasst sowie psychische Beschwerden über die Depression-Angst-Stress-Skalen (DASS-21). Gesundheit assoziierende Ressourcen werden über Bewältigungsmuster in ausbildungsbezogene Verhaltens- und Erlebensweisen (AVEM) erhoben. Ein Überblick über die Instrumente deren Inhalt und Autor*innen gibt die folgende Tabelle:

Für die deskriptive Datenanalyse wurden die Daten aus dem Umfragetool SoSci Survey extrahiert, mittels Tabellenkalkulationsprogramm (Excel), und das statistische Datenanalysenprogramm DATAtab aufbereitet. Nach der Aufbereitung der Daten konnten insgesamt 785 Datensätze genutzt werden.

Ergebnisse

An der Untersuchung nahmen 785 Auszubildende der MT-Berufe mit einer annähernd homogenen Verteilung in den einzelnen Ausbildungsjahren: 298 Auszubildende befanden sich im ersten, 225 im zweiten und 262 Auszubildende im dritten Ausbildungsjahr. Der Fachbereich Laboratoriumsanalytik vertritt mit 71% den größten Anteil, während Auszubildende der Radiologie mit 26% knapp mehr als ein Viertel der Teilnehmer*innen repräsentieren. Der Frauenanteil in der Stichprobe beträgt 84%, der männliche Anteil 16 %. Die überwiegende Zahl der MT-Auszubildenden ist zwischen 21 und 23 Jahre alt. Zwei Drittel der MT-Auszubildenden haben Abitur als höchsten Bildungsabschluss angegeben.

Die Auswertung der Befragung zeigte körperliche Beschwerden im Stütz- und Bewegungsapparat, Magen-Darmbereich, Konzentrations- und Schlafstörungen bei der Mehrheit der Auszubildenden. 48% aller befragten Auszubildenden gaben unabhängig von Geschlecht an, täglich oder mindestens einmal pro Woche unter Schlafstörungen zu leiden. Mehr als der Hälfte der MT-Auszubildenden zeigt Konzentrationsprobleme, deren Häufigkeit im Verlauf der Ausbildung zunimmt. Die psychische Gesundheit ist gekennzeichnet durch depressionsähnliches Verhalten, vermehrtes Angst- und Stresserleben, deren Ausmaß ebenfalls im Verlauf der Ausbildung zunimmt. Dabei sind jüngere Auszubildende und weibliche Auszubildende meist stärker betroffen. Die parallele Erfassung des Gesundheitsverhaltens, welches sich in vier Grundmuster betreffend Verhalten und Erleben bei der Arbeit einteilen lässt (Muster G: Gesundheit; Muster S: Schutz/Schonung, Risikomuster A: Selbstüberforderung; Risikomuster B: Resignation, Burnout) zeigte, dass die Gesundheitsbeschwerden bei MT-Auszubildenden steigen, wenn ein Gesundheitsverhalten mit Risikomuster A oder B vorliegt. Mehr als die Hälfte der MT-Auszubildenden zeigten Verhalten von Erschöpfung, Überforderung, Resignation, Verausgabung, reduziertes Lebensgefühl und verminderte Widerstandsfähigkeit. Diesen Auszubildenden mangelt es an Ressourcen in Distanzierungsfähigkeit, Entspannung, Ausgeglichenheit, Strategien in Problembewältigung und sozialer Unterstützung. 39% zeigen Symptome eines Burnouts.

Diskussion und Ausblick

Die gefundenen Daten zeigen deutlich auf, dass schnellstens Aspekte der Gesundheitsförderung pädagogisch-didaktisch im Curriculum der MT-Ausbildung verankert werden müssen. Hierzu erhält derzeit die Hälfte der Auszubildenden kein Bildungsangebot, was angesichts der bedenklichen Gesundheit, der wenigen Gesundheitsressourcen, der Steigerung der Symptomatiken im Verlauf der Ausbildung und das erhöhte Risiko zum Ausbildungsabbruch durch gesundheitliche Probleme sehr beunruhigend ist. Steigende gesellschaftliche Herausforderungen z.B. durch höheres Leistungsniveau, zunehmende Digitalisierung oder Auswirkungen globaler Krisen, prognostizieren für die Zukunft nötige Gesundheitskompetenzen. Angesichts der Datenlage zur Gesundheit und Ressourcen von MT-Auszubildenden ist eine pädagogische Handlung unausweichlich. Die seit Januar 2023 gesetzliche Reformierung vom MTA zum MT-Beruf mit neuem Rahmenlehrplan bildet nunmehr eine Chance zur Einführung und Umsetzung von Lehrinhalten in Gesundheitsförderung, die Gesundheit und Stressbelastung durch gesundheitsförderliches Verhalten positiv beeinflussen und langfristig zu einem guten Gesundheitsstatus und zur Fachkräftesicherung in den MT-Berufe führen.

Literatur

  • Blum, K. (2019). Fachkräftemangel und Fachkräftebedarf in den MTA-Berufen. Projekt des Deutschen Krankenhausinstitus (DK) im Auftrag des Dachverbandes für Technologen/-innen und Analytiker/-innen in der Medizin Deutschland (DVTA). Abschlussbericht. Deutsches Krankenhausinstitut e.V. Mai 2019, S. 27, 73, 100, 113
  • Betz, M. & Berschin, G. & Koehler, U. (2016). Wie fit und gesund sind unsere Auszubildenden? In: Schmitz-Spanke, S. (Hrsg.): Dokumentation der 56. Wissenschaftlichen Jahrestagung der DGAUM. München 2016, S.256-259
  • Betz, M. & Graf-Weber, G. (2012). Gesundheit in der Ausbildung – eine Bestandsaufnahme. In: RKW Magazin 2/2012 Eschborn 2012, S. 48-51
  • Michele, J. & Gillen, J. & Steuber, A. (2022): Berufliche Bildung und chronische Erkrankung. Erhöhung der Chancengerechtigkeit durch die Förderung von individueller und organisationaler Gesundheitskompetenz. In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, Ausgabe 42, 1-26. S.2
  • Rudnicka, J. (2023). Anzahl der Auszubildenden in Deutschland bis 2022. Berufsbildungsstatistik 2022. Statistisches Bundesamt veröffentlicht im August 2023: URL: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/156916/umfrage/anzahl-derauszubildenden-in-deutschland -seit-1950/; Zugriff am 23.09.2023
  • Zok, K. & Böttger, J. (2019). Gesundheitszustand und Gesundheitsverhalten von Auszubildenden. Eine bundesweite Repräsentativ-Umfrage unter Auszubildenden in kleineren und mittleren Unternehmen. In: WIdO-Monitor – die Versicherten-Umfrage des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (2019) 2, S. 1-16
Prof. Dr. Karin Kohlstedt-Eisenträger & Stefan Otto
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