Sprachbildung in der generalistischen Pflegeausbildung
Sprachbildung in der generalistischen Pflegeausbildung

Sprachbildung in der generalistischen Pflegeausbildung

Vortrag | Raum: Mehrzwecksaal (2. OG)

Referent:innen: Valeska Stephanow & Sina Spiekermeier Gimenes, Universität Bremen

Aufgrund steigender Abbruchquoten in der Pflegeausbildung, die unter anderem mit sprachlichen Herausforderungen begründet werden, rückt das Thema Sprachbildung von (migrationsbedingt) mehrsprachigen Auszubildenden zunehmend in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.



Freitag, 27.09. | 11.00 -12.30 Uhr | Vorträge 2: Kultur & Sprache |

 

Sprachbildung in der generalistischen Pflegeausbildung

Sprache in der Praxisanleitung integriert denken – Praxisanleitung sprachbildend konzipieren.

Referent:innen: Valeska Stephanow & Sina Spiekermeier Gimenes, Universität Bremen
Email: valeska.stephanow@uni-bremen.de


Einleitung

Aufgrund steigender Abbruchquoten in der Pflegeausbildung, die unter anderem mit sprachlichen Herausforderungen begründet werden (Gonzales & Peters 2021: 16), rückt das Thema Sprachbildung von (migrationsbedingt) mehrsprachigen Auszubildenden zunehmend in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.

Hintergrund und Zielsetzung

Auszubildende sind in der Pflegeausbildung mit fachlich und sozial anspruchsvollen sprachlich-kommunikativen Anforderungen konfrontiert. Infolgedessen sind insbesondere (migrationsbedingt) mehrsprachige Auszubildende häufig vor Herausforderungen gestellt, die ihnen die Partizipation im Unterricht und in der Pflegepraxis erschweren.
Das  vom  BMBF  geförderte  interdisziplinäre  Forschungs-  und  Entwicklungsprojekt
»Sprachliche Teilhabe in der Pflegeausbildung stärken (STePs) – schulische und pflegerische Praxis als Lerngelegenheit« verbindet die Pflege- und Deutsch-als-Zweitsprache-Forschung und -Didaktik mit dem Ziel, migrationsbedingt mehrsprachige Auszubildende beim erfolgreichen Verlauf und Abschluss ihrer Pflegeausbildung durch eine systematische sprachbildende Gestaltung beider Lernorte (Schule und Pflegepraxis) zu unterstützen und die Professionalisierung des (Bildungs-)Personals zu stärken. Basierend auf dem Verständnis von Sprachaneignung als soziale Praxis (Daase, 2021) wird im Projekt davon ausgegangen, dass additive Deutschlernangebote, die häufig das Lernen sprachlicher Handlungen fokussieren, nicht ausreichen, um die Partizipation der Auszubildenden in der Pflegeausbildung zu stärken. Es bedarf in den Fachunterricht und die Praxisanleitung integrierter sprachbildender Lehr-Lernangebote, die den Auszubildenden die Möglichkeit geben, sich im Sinne des situierten Lernens an Lern- oder Pflegesituationen aktiv zu beteiligen und die eigenen sprachlichen Fähigkeiten sukzessive auszubauen.

Methoden

Im Rahmen einer umfassenden Ermittlung sprachlicher Bedarfe und Bedürfnisse der Auszubildenden wurden Audiographien und (teilnehmende) Beobachtungen sowohl im Pflegeunterricht als auch in der Pflegepraxis durchgeführt und ausbildungsrelevante Dokumente mit der systemisch funktionalen Grammatik analysiert. Anhand der Beobachtungsprotokolle wurden Praktiken der Lernorte Schule und Praxis rekonstruiert, die erschwerend und unterstützend auf die Sprachaneignung wirken und Ansatzpunkte für eine Weiterentwicklung hinsichtlich einer sprachbildenden Gestaltung der Pflegeausbildung bieten. Darüber hinaus wurden in Gruppendiskussionen mithilfe der Dokumentarischen Methode die Orientierungen aller beteiligten Akteur:innen (Lehrende, Praxisanleitende und Auszubildende) in Bezug auf Sprache(n) in der Pflegeausbildung rekonstruiert, um auf handlungsleitendes, implizites Wissen des (Bildungs-)Personals schließen zu können.
Basierend auf den Forschungsergebnissen und in enger Zusammenarbeit mit den Kooperationspartner:innen aus unterschiedlichen Bereichen der Pflegeausbildung werden erste formale, non-formale und informelle Bildungsangebote für Lehrende beider Lernorte entwickelt, die sie dabei unterstützen sollen, sprachbildende Lernprozesse bei (migrationsbedingt) mehrsprachigen Auszubildenden zu initiieren.

Ergebnisse

Die Ergebnisse aus dem Pflegeunterricht verdeutlichen eine große Heterogenität hinsichtlich der Interaktionsstrukturen zwischen Lehrendenzentrierung und selbstgesteuerten Arbeitsformen, in denen sich Ansätze der Ko-Konstruktion von Wissen sowie eine integrative Verzahnung sprachlicher und fachlicher Inhalte im Sinne des Scaffoldings integrieren lassen. Der funktionale Einsatz des breiten Spektrums an zur Verfügung stehenden Medien bietet darüber hinaus viel Potenzial für eine sprachbildende und praxisorientierte Unterrichtsgestaltung.Im Mittelpunkt des Vortrags stehen primär die Forschungsergebnisse, die sich auf den Lernort Pflegepraxis bzw. Praxisanleitung beziehen sowie die didaktischen und sprachbildenden Konsequenzen, die sich daraus ableiten lassen. In den Anleitungssituationen wurde unter anderem festgestellt, dass Auszubildende zeitgleich mit einer hohen Pluralität situativer Anforderungen konfrontiert werden, wie beispielsweise dem häufigen Wechsel zwischen der Durchführung pflegerischer Handlungen (»doing something«) und dem Austausch mit der/ dem Anleitenden über die Durchführung (»doing how-to-do something«) innerhalb der Pflegesituation. Auf sprachlicher Ebene spiegeln sich diese wechselnden Anforderungen in den verschiedenen Registervariationen wider, die nicht nur (migrationsbedingt) mehrsprachige Auszubildende vor Herausforderungen stellen. Neben Gesprächen mit Praxisanleitenden und weiteren an der Versorgung beteiligten Personen auf einem hohen fachsprachlichen Niveau versuchen die Auszubildenden den zu pflegenden Menschen sprachlich angemessen zu begegnen, um eine vertrauensvolle Beziehung aufbauen zu können. Die bewusste Nutzung unterschiedlicher Register sowie eine gezielte Zurücknahme der Steuerung von Anleitungsprozessen stellen Beispiele für mögliche Schlussfolgerungen für die Weiterentwicklung der Praxisanleitung dar.

Diskussion und Ausblick

Mit dem Vortrag wird das Ziel verfolgt, die Potenziale, die der Lernort Pflegepraxis hinsichtlich der Integration sprachbildender Konzepte bereithält, aufzuzeigen und die Relevanz dieser didaktischen Konzepte im Sinne einer Stärkung der Partizipation (migrationsbedingt) mehrsprachiger Auszubildender in der Pflegeausbildung zu diskutieren. Darüber hinaus wird die Möglichkeit eröffnet, die Qualifizierung angehender Pflegelehrender und Praxisanleitender vor dem Hintergrund der Thematik »Bildung im Kontext einer mehrsprachigen Migrationsgesellschaft« kritisch zu reflektieren.

Literatur

  • Daase, A. (2021): Ein praxistheoretischer und funktionaler Blick auf Konzepte auf Deutsch als Zweitsprache für den Beruf. In: Informationen Deutsch als Fremdsprache 48 (1), S. 106-125
  • Garcia-González, D. & Peters, M. (2021): Ausbildungs- und Studienabbrüche in der Pflege – ein integriertes Review. Leverkusen: Verlag Barbara Budrich
Valeska Stephanow & Sina Spiekermeier Gimenes
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